15 Jahre nachdem er als Neuzugang des SCR Altach erstmals einen Fuß auf Österreichischen Boden setzte, ist der einstige Fanliebling Modou Jagne seit heute Nachmittag zu Besuch im Schnabelholz.  

Der Gambische Nationalstürmer schrieb einst die erste von vielen erfolgreichen Geschichten Afrikanischer Spieler beim SCR Altach und war einer der Aufstiegshelden in der Saison 2005/06.

Seit Mo’s Abgang im Februar 2009 hat sich in Altach viel getan. Geblieben sind einige altbekannte Gesichter, wie Geschäftsführer Christoph Längle, Teammanager Mario Mayer oder der Sportliche Leiter Werner Grabherr, mit dem Jagne noch gemeinsam spielte. Grabherr führte den gutgelaunten Gast durch den Trainingscampus und das Stadion, in dem Jagne einst selbst große Erfolge feierte, das allerdings kaum mehr wiederzuerkennen ist.

Trotz der Reisestrapazen – seine Reise in Gambia startete am Mittwochabend um 19:30 Uhr und endete heute am frühen Nachmittag in Altach – nahm sich Modou anschließend sogar noch die Zeit für ein Interview und sprach über seine Karriere, die Ankunft im Altacher Winter und welches Spiel, bei ihm noch heute Gänsehaut verursacht.

1. Du hast zwischen 2006 und 2009 drei Jahre lang das SCRA-Trikot getragen. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

Sehr viele! Aber als aller erstes fällt mir das Spiel gegen Austria Lustenau ein. Mario Mayer hat mir vorhin das Video von dem Spiel gezeigt und ich hatte sofort wieder Gänsehaut. Ich kann mich an keine Partie in meiner ganzen Karriere erinnern, wo eine Mannschaft so sehr gewinnen wollte, wie wir an diesem Abend. Aber auch sonst war die Zeit in Altach für mich die schönste meiner gesamten Laufbahn. Ich habe mich hier vom ersten Tag an Willkommen gefühlt. Dazu konnte ich mit meinen Toren, meinen Vorlagen und meinem Spiel einen Beitrag zum ersten Aufstieg in der Vereinsgeschichte leisten. Ich fühle mich deshalb bis heute als einen Teil vom Klub.

2. Du bist im Februar 2006 Mitten im Winter, direkt aus deiner Heimat Gambia, nach Altach gekommen. Erinnerst du dich noch daran, wie du plötzlich im Altacher Schnee gestanden bist?

Oh ja! (lacht) Als Afrikaner hatte ich natürlich keine Winterklamotten und bin dann im T-Shirt und kurzen Hosen am Flughafen gestanden. Enrico Pfister hat mich zum ersten Training mitgenommen, das glaube ich in Dornbirn stattfand. Da Schnee auf dem Platz lag, dachte ich, dass wir vielleicht in einer Halle trainieren. Dem war aber nicht so. Ich habe dann schnell gemerkt, dass viel laufen am besten gegen die Kälte hilft. Zum Glück hat mir Alex Guem für das erste Training seine Handschuhe geliehen.

3. Du hast bereits über eines der vielleicht wichtigsten Spiele unserer Vereinsgeschichte gesprochen. Wie war es damals gegen Austria Lustenau auf dem Platz zu stehen?

Wir waren von den Zehen bis zu den Haarspitzen motiviert. Zuvor hatten wir in Lustenau verloren und sie damals sehr unsportlich gespielt. Neben der Möglichkeit aufzusteigen, haben uns damals auch ein bisschen die Rache-Gedanken angetrieben. Wir haben sie in der ersten Halbzeit bereits überlaufen, hätten 3:0 oder 4:0 führen müssen. An den Treffer von Harry Unverdorben und die Momente danach erinnere ich mich noch ganz genau. Das ganze Stadion ist explodiert, das war der Wahnsinn. Für Harry hat es mich besonders gefreut, weil er zuvor eine nicht ganz so einfache Zeit hatte und hart für diesen Moment gearbeitet hat.   

4. Du hast insgesamt 73 Mal das SCRA-Trikot getragen. Was hat es dir bedeutet, für diesen Club zu spielen?

Sehr viel. Hier bin ich Profi geworden und habe unglaubliche Momente erlebt. Es war für mich immer eine Ehre das Trikot zu tragen. Leider ist der Abschied nicht ganz so verlaufen, wie ich mir das gewünscht hätte. Ich habe zu dem Zeitpunkt wenig gespielt, hatte Probleme mit dem Trainer und dazu kam dann die Doping-Geschichte. Ich muss im Nachhinein auch ehrlich sagen, dass ich mich geschämt habe. Den Menschen gegenüber, die mich hierhergeholt und immer zu mir gestanden sind. Deshalb wollte ich danach auch weg und bin dann nach Kärnten gewechselt, wo es leider nicht mehr so funktioniert hat. Im Nachhinein hätte ich mich hier durchbeißen sollen, weil die Verbindung zwischen mir und den Menschen im Klub immer noch eine sehr enge war.

5. Wer die sozialen Medien des SCRA aufmerksam verfolgt, stößt immer wieder auf Kommentare von dir. Du scheinst die Entwicklung des SCRA aus der Ferne immer noch sehr interessiert zu verfolgen?  

Ich glaube, wir haben damals mit dem ersten Aufstieg einen Anstoß dazu gegeben, was hier heute alles steht. Ich versuche mich deshalb immer zu informieren, was in Altach gerade passiert. Wenn es im Klub gut läuft, bin ich gut drauf. Wenn es nicht so gut läuft, leide ich auch in Gambia mit. Gerade letztes Jahr der Abstiegskampf hat viel Nerven gekostet.

6. Heute hattest du nun die Möglichkeit, dir alles in der Realität anzusehen. Was sagst du zur Entwicklung des Umfeldes hier?

Ich finde es einfach nur spektakulär, was hier entstanden ist. Wir hatten früher noch eine dunkle Kabine und einen Trainingsplatz. Dazu war das Stadion natürlich noch längst nicht so modern wie heute. Trotz allem, was hier gebaut wurde, haben die Verantwortlichen aber auch immer die richtige Balance zwischen dem sportlichen Bereich und den Rahmenbedingungen gefunden. Ich meine, alleine, dass der SCR Altach fast in der Gruppenphase der Europa League gespielt hat, ist eine echte Sensation.

7. Mittlerweile lebst du wieder in Gambia und bist in verschiedenen Rollen im Sport aktiv. Was genau sind deine Aufgaben im Gambischen Fußball?

Ich organisiere den Spielbetrieb der Gambischen Profiligen. Die Professionalität in Gambia ist noch nicht mit Österreich zu vergleichen. Aber wir entwickeln uns und versuchen, die Clubs zu unterstützen, um professionelle Rahmenbedingungen zu schaffen. Mir macht diese Aufgabe sehr viel Spaß und wer weiß, vielleicht schaffen wir es in den nächsten Jahren ja wieder, einen guten Gambischen Spieler nach Altach zu bringen.

8. Du warst damals der erste von vielen afrikanischen Spielern, die bis heute in Altach gespielt haben. Die besten Beispiele in den vergangenen Jahren sind Moumi Ngamaleu, Louis Mahop oder Samuel Oum Gouet. Warum ist Altach aus deiner Sicht ein guter Standort für junge afrikanische Spieler?

Das hängt ganz stark mit der menschlichen Komponente zusammen. Die meisten afrikanischen Spieler, die nach Europa wechseln, bringen sehr viel Talent mit. Sie kommen dann aber in ein komplett neues Umfeld und viele zerbrechen daran, dass sie nicht genug Unterstützung bekommen. Ich hatte sofort das Gefühl, Willkommen zu sein und dass mir die Menschen helfen wollen. Egal, ob es ehemalige Mitspieler wie Alex Guem oder Enrico Pfister sind, oder die Menschen, die rundherum beim SCR Altach mitarbeiten. Sie haben, so war es zumindest bei mir damals, einen großen Anteil daran, dass Afrikanische Spieler in Altach tolle Leistungen bringen.

Steckbrief:
Name: Modou Jagne
Geburtsdatum: 14.02.1982
Nationalität: Gambia
Position: Organisation Spielbetrieb Gambischer Fußballverband

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